HEIKO
HOHENHAUS
ORANIENBURG - 80 Jahre wäre der belgische
Jagdflieger Jacques Groensteen am heutigen Tag geworden. Sein Leben
ließ er aber schon blutjung im Alter von 22 Jahren beim Absturz
seiner Spitfire der Royal Air Force im Wald bei Malz. Dafür, dass
der Verbleib des seit mehr als fünf Jahrzehnten vermissten Piloten
geklärt wurde und seine sterblichen Überreste jetzt nach Belgien
überführt werden können, hat die Oranienburger "AG
Fliegerschicksale" gesorgt.
"Im Januar 2000 haben wir von Forstarbeitern den Hinweis über
eine riesige Trümmerstrecke bei Malz bekommen", erzählt Mario
Schulze. Über eine Länge von 150 Metern und eine Breite von 50
Metern verteilt fanden die Hobby-Forscher dort Flugzeugteile.
Zunächst nahmen sie an, dass es sich um Überreste eines
Bomber-Absturzes vom Sommer 1944 handelte, der von mehreren
Zeitzeugen berichtet wurde. "Dann kam der Schock. Wir fanden
das Rahmenteil einer Plexiglaskanzel und einen Rückspiegel, den wir
einer englischen Spitfire zuordnen konnten. Es hatte also noch einen
weiteren Absturz bei Malz gegeben", berichtet Schulze. Sein
Mitstreiter Rüdiger Kaddatz ergänzt, dass im englischen
Nachschlagewerk über die Verluste bei Kampfeinsätzen der Royal Air
Force zu lesen ist, dass am 20. April 1945 eine Spitfire bei Berlin
abgestürzt ist. "Wir sind dann nach London geflogen und haben
uns im Public Record Office die alten Gefechtsberichte
angeguckt", berichtet Kaddatz. Dort war davon die Rede, dass
der belgische Stabsfeldwebel von einer "freien Jagd"
mehrerer Spitfire nicht zurückgekehrt und vermutlich "bei
Neuruppin" abgestürzt sei. Die englischen Maschinen waren in
einen Luftkampf verwickelt, bei dem sechs deutsche Fokke-Wulf
abgeschossen wurden. Vermutlich berührte das Flugzeug des Belgiers
eine Hochspannungsleitung und kam dadurch zum Absturz. Aus dem
Bericht ging hervor, dass Groensteen, der mit seiner Familie vor den
Nazis nach England geflüchtet war, einen Jäger neuester Bauart,
eine Spitfire MK XIV, geflogen war. Die Oranienburger suchten noch
einmal bei Malz genauer und fanden tatsächlich ein Motor-Bauteil,
dass diese Typenbezeichnung hatte. "Von diesen Maschinen sind
überhaupt nur zwei im Osten Deutschlands abgestürzt, eine bei
Parchim und eine bei Berlin - geflogen von Jacques Groensteen",
berichtet Schulze. Die AG Fliegerschicksale war jetzt sicher, dass
sie die Absturzstelle des Belgiers und seine sterblichen Überreste
bei Malz gefunden hatten. Der Militärattaché der belgischen
Botschaft, Oberst Reynders, war nach einem Besuch in Oranienburg und
der Begutachtung der Fundstücke "restlos überzeugt",
dass es sich um die Maschine des Belgiers handelt. Auch die Familie
Groensteens schaltete sich ein. Daniel Cox, der Enkel von
Groensteens Cousin, besuchte die "AG Fliegerschicksale"
und nahm die Fundstücke in Augenschein. Eine DNA-Analyse wird
letzte Klarheit bringen. Das belgische Verteidigungsministerium hat
bei den deutschen Behörden die Überführung der sterblichen
Überreste, die derzeit beim Amt Oranienburg-Land gelagert werden,
beantragt. Jacques Groensteen soll in Belgien würdig bestattet
werden.
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