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Metall für bewegende Momente
Arbeitsgemeinschaft
"Fliegerschicksale" traf den Sohn eines gefallenen Bomberpiloten
Von Bettina Drößus
Robert Lynell verlor seinen Vater im Zweiten Weltkrieg und drehte eine
Dokumentation über das Schicksal von Lloyd M. Lynell - seinen Vater. Die
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft "Fliegerschicksale" Oranienburg
machten den Sohn des gefallenen Bomberpiloten ausfindig und trafen ihn.
Normalerweise ist es nur ein Haufen Schrott von einem alten Kriegsflugzeug.
Doch für Robert Lynell sind es Erinnerungen an seinen Vater, die er nie
hatte. Lloyd M. Lynell verbrachte seine letzten Stunden in diesen
Wrackteilen seiner Halifax. Auf den Weg nach Berlin wurde der damals erst
26-jährige Pilot der Royal Canadian Air Force über Linde (bei Löwenberg)
von den Deutschen abgeschossen. Einige Jahre darauf verstand der damals erst
zwei Monate alte Robert Lynell die Welt nicht mehr, als ihm erklärt wurde,
dass sein Vater nie mehr nach Hause kommen wird.Heute ist er 63 Jahre alt
und hat inzwischen eine Dokumentation über das tragische Schicksal seines
Vaters gedreht und produziert. Der gebürtige Kanadier lebt mit seiner
Familie in London und arbeitet hauptsächlich für "History Channel",
einen englischen Fernsehsender.Dieser finanzierte auch sein aufwendiges
Filmprojekt. Zehn Jahre hat er für den beeindruckenden Streifen gebraucht,
der wahrscheinlich zu seinem bisher persönlichsten Werk gehört.Ungefähr
zur selben Zeit haben Uwe Rathenow, Mario Schulze und Rüdiger Kaddatz mit
ihrer Arbeit begonnen. Parallel zueinander recherchierten sie über den
tragischen Flugzeugabsturz von Oberleutnant Lloyd M. Lynell, den Vater von
Robert Lynell.Die Nachforschungen waren anfangs noch etwas schwierig, doch
das Schicksal griff ihnen unter die Arme. Ein Fernsehbeitrag über Rüdiger
Kaddatz, den Uwe Rathenow und Mario Schulze verfolgten, führte die drei
zusammen. Bald darauf saß das Trio der "Hobbydetektive" dann
gemeinsam an einem Tisch und bildete eine Arbeitsgemeinschaft. Die "AG
Fliegerschicksale Oranienburg" verfolgte seitdem noch weitere
Schicksale von Kriegsgefallenen und ihrer Hinterbliebenen. Doch der Fall
Lynell ist wahrscheinlich der aufregendste.Als alle notwendigen
Untersuchungen erfolgreich abgeschlossen werden konnten, stellte sich auch
heraus, dass Lloyd M. Lynell, der Mann, den sie mit der Zeit nahezu besser
kannten als sich selbst, einen noch lebenden Sohn hat. Natürlich war es da
eine Leichtigkeit, diesen zu kontaktieren."Als ich meine E-mails las,
bekam ich fast einen Schock. Ich konnte es kaum glauben, dass es weitere
Menschen auf dieser Welt gab, die sich mit dem Schicksal meines Vaters und
somit auch mit meinem beschäftigten", sagt Lynell. Die für ihn so
unglaubliche Nachricht zeigte ihm, dass sein Vater, den er nie bewusst
kennen lernte, 63 Jahre nach seinem Tod eine Zusammenkunft bewirkte, die für
alle Beteiligten das Resultat ihrer langen und harten Arbeit war. Denn am
vergangenen Donnerstag trafen sich Uwe Rathenow, Mario Schulze, Rüdiger
Kaddatz und Robert Lynell zum ersten Mal, um sich über ihre Erfahrungen und
Erlebnisse auszutauschen.Natürlich hatten die vier sich viel zu erzählen.
Denn jeder hatte enormes Interesse am anderen, da jeder Einzelne von ihnen
unterschiedliche Erfahrungen mit Lloyd Lynell gemacht hatte.Das Treffen führte
auch in den Keller des Kulturhauses in Lehnitz. Die drei Oranienburger
zeigten Lynell die Überbleibsel der Halifax seines Vaters. "Für mich
ist es nicht nur wertloses Metall, sondern mein Vater", sagt der Engländer
zu den letzten Wrackteilen des Flugzeugs. Es sei für ihn der vielleicht
emotionalste Moment im Zusammenhang mit seinem Vater. Diese Metallreste
seien immerhin das einzige, womit er seinem Vater nahe sei. Lloyd Lynell
flog, litt und starb schließlich in diesem Metall.Die Mitglieder der AG
Fliegerschicksale Oranienburg sammelten die letzten Reste der Halifax von
Lloyd M. Lynell in Linde auf und pflegen diese wie ihren Schatz. In gewisser
Art und Weise ist es das ja auch: für Robert Lynell der womöglich größte
und somit auch emotionalste, den er seit dem vorigen Donnerstag hat. Für
die Mitglieder der AG ist es außerdem der Lohn ihrer Arbeit und großartigen
Recherche."Wir freuen uns für Robert, denn so kann er sich - auf eine
besondere Art und Weise - von seinem Vater verabschieden", sagt Rüdiger
Kaddatz. "Es ist selbstverständlich, dass jeder wissen will, wo seine
Wurzeln sind und wer die Eltern eines jenen waren", antwortet Robert
Lynell auf die Frage, was seine Beweggründe für seinen Film waren. Die
Dokumentation "Last flight to Berlin" ( "Letzter Flug nach
Berlin") ist eine sehr bewegende Darstellung des Schicksals von
Oberleutnant Lloyd Lynell."Als ich den Film zum ersten Mal sah, kroch
es mir kalt den Rücken herunter", räumt der Koordinator der AG
Fliegerschicksale Oranienburg, Rüdiger Kaddatz, ein. Tatsächlich ist die
Dokumentation eine tragische Geschichte über einen jungen Familienvater,
der sein Leben letztendlich zur Befreiung Nazi-Deutschlands verlor."Der
Zuschauer merkt sofort, dass der Film professionell gedreht wurde. Die Musik
im Hintergrund, die Kameraführung und Erzählweise machen die Dokumentation
zu einem emotionalen Erlebnis", sagt Rüdiger Kaddatz.Es ist
selbstverständlich, dass sich Robert Lynell die größte Mühe mit seinem
Werk gegeben hat, denn immerhin spiegelt diese Geschichte irgendwie auch
sein eigenes Leben wider. Denn nur durch den Tod seines Vaters sei sein
Leben schließlich so verlaufen, wie es nunmal verlief. Er musste ohne
seinen Vater aufwachsen
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