Schicksal
toter Soldaten aufgeklärt
Von
Marion Voigt
Über
vier Jahre akribische Kleinarbeit war notwendig, um die Identität von
Flugzeugbesatzung festzustellen
Im
Frühjahr 1999 hat die Arbeitsgruppe "Flugzeugabstürze" um den
Oranienburger Rüdiger Kaddatz in einem Waldstück zwischen Lehnitz und
Schmachtenhagen menschliche Überreste von einem Flugzeugabsturz im
Zweiten Weltkrieg gefunden. Jetzt hat sie die Identität der toten
Soldaten aufgeklärt. Ihr Ziel, dass sie nicht namenlos bestattet werden müssen,
hat sie damit erreicht.
Geholfen
haben Rüdiger Kaddatz dabei vor allem zwei Mitstreiter - Mario Schulze
und Uwe Rathenow, die sich ebenfalls mit Flugzeugabstürzen im Zweiten
Weltkrieg in und um Oranienburg befassen und dafür fast ihre ganze
Freizeit verwenden.
Die
drei Männer haben herausgefunden, dass es sich um die Besatzung eines
britischen RAF-Bombers handelt. Das Flugzeug ist am 29. Januar 1944 über
Lehnitz abgestürzt, nachdem es beschossen worden war. Die siebenköpfige
Besatzung, von der sechs Mitglieder als vermisst galten, bestand aus vier
Australiern und drei Engländern im Alter zwischen 20 und 32 Jahren: Ivan
Georg Durston, Philipp Roy Gill, Sidney John Griffiths, Francis Alfred
Aver, Harold Leonard Frey und Jack Wiliam Alexander Sutherland.
Die
Absturzstelle im Lehnitzer Forst hatten die drei Hobby-Forscher bereits
seit Jahren im Visier. Durch Augenzeugen wussten sie, dass dort eine
Maschine abgestürzt war.
Erste
Untersuchungen im Jahre 1997 führten jedoch nicht zum Erfolg. Erst zwei
Jahre später führten Grabungen unter Anleitung des Volksbundes für
Kriegsgräberfürsorge weiter: Sie stießen auf eine Fallschirmschnur und
wenig später auf menschliche Knochen. Mit Unterstützung der Bundeswehr
waren die Gebeine geborgen worden. Über 250 Stunden hat die Gruppe mit
der Bergung verbracht. Das Erdreich musste Stück für Stück abgetragen
und durchgesiebt werden.
Die
Bergung und Überführung der Gebeine auf den Militärfriedhof in der
Heerstraße in Berlin war aber erst der Anfang einer langer Geschichte.
Die Klärung der Identität der Flugzeugbesatzung erwies sich als sehr
schwieriges und langwieriges Unterfangen.
Die
Männer hatten nur wenige Anhaltspunkte: Sie waren sich sicher, dass das
Flugzeug zwischen Januar und März 1944 abgestürzt sein muss. Und sie
vermuteten, dass es eines der 19 Flugzeuge war, deren Besatzungen noch
immer vermisst werden. Außerdem war ihnen bekannt, dass einer der Toten -
er trug einen beheizten Anzug - der Heckschütze war und ein anderer
wiederum relativ alt gewesen sein muss.
Die
Hobby-Forscher starteten mit diesen Ausgangsdaten eine umfangreiche
Recherche, schrieben Ministerien und Luftwaffenmuseen in Deutschland und
England an, werteten Archivmaterial und alte Luftbildaufnahmen aus und
nahmen Kontakt zu Militär- und Fliegerverbänden auf. Wie ein Puzzle fügten
sich im Laufe der Jahre die Ermittlungsergebnisse zu einem Bild zusammen.
Dass die drei Männer auf der richtigen Spur waren, darin bestärkte sie
ein Brief, den sie voriges Jahres vom Oranienburger Pfarrer Reinhard Röhm
erhielten.
Ihm
hatte eine Engländerin geschrieben, deren Onkel Flieger in der Royal Air
Force war und der am 29. Januar 1944 in der Nähe von Schmachtenhagen
abgestürzt sein soll. Gemeinsam mit der Nichte, Marion Bywater,
versuchten die Hobbyforscher die Identität ihres Onkels Harold Frey als
einender Toten zweifelsfrei nachzuweisen. Sie prüften beispielsweise, ob
Fundstücke wie ein alter Ring möglicherweise von ihm waren. Außerdem
versuchten sie weitere Angehörige der Gefallenen ausfindig zu machen. Die
australischen Behörden erwiesen sich dabei als außerordentlich
kooperativ.
Die
drei Oranienburger erfüllt es mit Befriedigung, dass sie wieder ein Stück
Geschichte aufgearbeitet haben und ein bislang leeres Kapitel über ein
verschwundenes englisches Flugzeug füllen konnten.
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