Pressemitteilungen Märkische Allgemeine 16.07.2003

BEI SCHMACHTENHAGEN ABGESTÜRZTE SOLDATEN GESTERN BEIGESETZT


Ende der Ungewissheit


 

OBERHAVEL  

David Sutherland hat seinen Vater nie kennen gelernt. Der Australier Jack Sutherland starb am 29. Januar 1944, als sein Flugzeug nahe Schmachtenhagen abgeschossen wurde. Er war 22 Jahre alt, sein Sohn nur ein paar Monate. Gestern, fast 60 Jahre nach seinem Tod, wurden Jack Sutherland und die übrigen Besatzungsmitglieder auf dem britischen Soldatenfriedhof in Berlin beigesetzt.

Die Oranienburger Arbeitsgemeinschaft (AG) "Fliegerschicksale" hatte 1999 die Überreste der bis dahin als vermisst geltenden Soldaten geborgen und identifiziert. Drei Briten und vier Australier saßen in der abgeschossenen "Lancaster ED 867". An sie erinnert seit gestern ein Gedenkstein an der Absturzstelle.

Hier trafen sich vor der Beisetzung Angehörige, Mitglieder der AG, Vertreter der britischen und australischen Luftwaffe sowie des Lehnitzer Panzerartilleriebataillons 425. Die Bundeswehr hatte die Bergungsarbeiten unterstützt. Mario Schulze und Rüdiger Kaddatz von der AG berichteten den Angehörigen über ihre Arbeit. Nur schwer konnten diese ihre Emotionen verbergen.

 Zum Bild: Zu Ehren der vor fast 60 Jahren abgeschossenen Soldaten enthüllte der australische Chief of the Air Force Air  Marshal Angus Houston gestern einen Gedenkstein an der Absturzstelle.

Unter ihnen auch Claire Allett. Ihr Bruder Robert Ludlow kam bei dem Absturz um. Sie wurde von Ian Ludlow begleitet, der von Australien gekommen war, um seinen Onkel zu ehren. In "Downunder" wird das Gedenken an die toten Soldaten besonders hoch gehalten. Gemessen an der Einwohnerzahl, hat in beiden Weltkriegen kaum eine Nation mehr Angehörige verloren. Claire Allett kann sich noch genau an den Tag erinnern, an dem sie vom Absturz ihres Bruders erfuhr. Noch immer trägt sie ein goldenes Kreuz um den Hals, das Robert ihr aus Europa geschickt hatte. "Als ich hörte, dass er gefunden sei, war meine erste Frage, ob man ihn nach Australien bringt", sagte sie am Montag bei einem Treffen in der australischen Botschaft. Das jedoch gestattet die australische Armee nicht. Also kam Claire nach Deutschland, froh, endlich Abschied nehmen zu können.

Für David Sutherland bedeutete der gestrige Tag den ersten Kontakt mit seinem Vater. Lange blickt er auf den Gedenkstein. "Das bringt mich ihm näher", sagt er. Davids Mutter Edna blieb in Australien. "Sie ist nicht stark genug. Die Emotionen wären zu viel für sie." Doch auch sie sei froh, dass die Ungewissheit über den Tod ihres Mannes nun ein Ende hat. dns