(Mit
diesem Artikel wurde an den 60. Jahrestag des Flugzeugabsturzes von G.
Sinnecker erinnert - auszugsweise der Artikel)
Mit dem Leben davon gekommen
von Rüdiger Kaddatz
Günther Sinnecker sprang aus
getroffenem Flugzeug - Absturzstelle im Wald wiedergefunden
Die
strategische Bombardierung feindlichen Gebietes gehörte vor dem 2.
Weltkrieg nicht zur Taktik der kriegsführenden Parteien. Nach dem Zurückdrängen
der britischen Armee bei Dünkirchen ...
Flogen
die Bomber anfänglich einzeln und in kleinen Gruppen ein, so ging man
allmählich dazu über, größere Bomberpulks von hundert und mehr
Flugzeugen zusammenzustellen. Auf deutscher Seite wurden auf die
Bomberpulks zweimotorige Nachtjäger angesetzt, die mit großen
Radargeräten vom Boden aus durch einen sogenannten Jägerleitoffizier an
den Bomberpulk herangeführt wurden. Diese Art der Nachtjagd auf die RAF
Bomber nannte man „Zahme Sau“. Die zweimotorigen Nachtjäger flogen
zum größten Teil mit Zwei- oder Drei-Mann –Besatzungen. ...
Im
Laufe des Krieges wurden die Bomberpulks immer größer, 500 Flugzeuge
waren keine Seltenheit, es gab auch Angriffe mit über tausend Bombern.
Durch die „Zahme Sau“ waren diese Bomberpulks nicht mehr effektiv zu
bekämpfen. Auf deutscher Seite wurde die Taktik der „Wilden Sau“
entwickelt. Da nicht genügend zweimotorige Nachtjäger zur Verfügung
standen, versuchte man die Bomber mit einmotorigen Jagdflugzeugen zu bekämpfen.
Da in diesen Flugzeugen nur der Pilot saß, konnte das Flugzeug nicht an
den Bomberpulk herangeführt werden. Die Bekämpfung der Bomber erfolgte
über dem Zielgebiet. Die höherfliegenden Jäger der „Wilden Sau“
konnten nach dem Angriff der ersten Bomber-Welle die Siluetten der Bomber
über den brennenden Städten sehen und griffen sie dann an. Oftmals
fanden sie keinen geeigneten Landeplatz in der Dunkelheit und stürzten
wegen Spritmangel ab. ...
Anders
war es am 02. Dezember 1943. In der Nacht vom 02. zum 03. Dezember 1943
kurz vor Mitternacht startete die 5. Staffel des Jagdgeschwaders 302 in
Husum, um einfliegende britische Bomber anzugreifen. Leutnant Günther
Sinnecker war mit seiner Focke Wulf Fw 190 dabei. ...
Plötzlich gab es einen scharfen Knall, und sein Motor lief in der Folge
unrund. War es ein Flaktreffer, oder hatte ihn der Bomber entdeckt und
beschossen? ... Also Fahrt drosseln, Steuerknüppel leicht anziehen, Haube
abwerfen und den Steuerknüppel schlagartig nach vorne drücken....
Vor
einiger Zeit erzählte uns Herr Sinnecker dieses Erlebnis, da wir, die
Arbeitsgemeinschaft Fliegerschicksale Oranienburg, uns mit Flugzeugabstürzen
aus dem 2. Weltkrieg im Norden Berlins befassen. Herr Sinnecker war noch
im Besitz alter Fotos von damals, die dieses Ereignis dokumentierten.
Mutig, wie wir waren, legten wir fest, dass wir die Absturzstelle finden.
Den Mut nahmen wir von einem markanten Foto, das die Absturzstelle an
einem ziemlich steilen, bewaldeten Hang mit einer Wiese davor zeigte. Eine
Stelle, die mit Fleiß ...
Die
topographische Karte von Fürstenberg und Umgebung im Maßstab 1:10.000
wurde beschafft und ein Suchplan erarbeitet. An mehreren Wochenenden
suchten wir die in Frage kommenden Geländepunkte ab, mehrmals glaubten
wir am richtigen Hang zu sein, es gab im flachen Land Brandenburg doch
mehr Hügel als wir gedacht hatten, aber es war kein Aufschlagtrichter zu
finden. Wieder einmal standen wir auf einer Wiese, die an einen sehr
steilen, bewaldeten Hang grenzte. ... Auf dem Grund eine dieser
Mulden fanden sich auch Metallteile, hauptsächlich aus Aluminium. Es war
also die Absturzstelle eines Flugzeuges. Es fand sich auch bald ein Teil
mit einer RLM-Nummer, die die Wrackteile einer Fw 190 zuordnen ließen.
...
Tief
bewegt erkannte Günther Sinnecker die Umgebung wieder, an der er vor so
vielen Jahren mit dem Leben davon gekommen war....
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